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Flucht in die Säumnis

Es kommt immer wieder vor: Der eigene Vortrag ist mangelhaft, doch eine weitergehende Aufklärung ist in der Kürze der Zeit nicht machbar. Oder die Beweislage ist noch unzureichend, und der Mandant hofft, den Beweis doch noch irgendwie erbringen zu können. Manchmal kann der Mandant auch schlichtweg nicht zahlen. Er hat sich bereits in den Prozess geflüchtet, um auf diese Weise einen Zahlungsaufschub zu erwirken – und braucht nun noch mehr Zeit.

Es gibt auch den Fall, dass die Klage kurz vor dem mündlichen Termin erweitert werden soll, aber der Vorschuss bis dahin noch nicht eingezahlt ist / sein kann. Möglicherweise ist die Klageerweiterung aufgrund von § 12 Abs. 1 S. 2 GKG auch noch nicht zugestellt. Auch hier bleibt nur die Flucht in die Säumnis.

Manchmal hat man als Anwalt auch einfach das Gefühl, dass das Gericht den eigenen Vortrag als nicht ausreichend ansehen könnte. Zwar hat das Gericht nach § 139 ZPO die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, ungenügende Angaben ergänzen, Beweismittel bezeichnen und sachdienliche Anträge stellen. Doch es hilft dem Mandanten wenig, wenn das Gericht dieser Pflicht nicht nachkommt und er den Prozess deshalb verliert. Ein solcher Verstoß mag zwar ein Berufungsgrund sein, doch das macht das Verfahren weder günstiger noch rechtssicherer.

Das Gute ist: Die Flucht in die Säumnis kostet mehr oder weniger nichts. Die Säumnisgebühr erhöht sich ohnehin auf die Terminsgebühr, sodass allenfalls Fahrt- und Abwesenheitskosten anfallen – und auch nur dann, wenn der gegnerische Anwalt von außerhalb anreisen muss.

Der einzige, aber durchaus nicht unwichtige Aspekt: Der Prozessgegner und das Gericht können verärgert reagieren. Der gegnerische Anwalt erhält keine zusätzliche Vergütung, und der Richter bekommt den Fall nicht vom Tisch.

Darüber hinaus kann das Gericht auch nach Aktenlage entscheiden, wenn die Anträge bei einem früheren Termin schon gestellt worden sind, der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und der Kläger einen solchen Antrag stellt, § 331 ZPO. Dem Gegner ist allerdings zu empfehlen, immer hilfsweise auch den Antrag auf Versäumnisurteil zu stellen, denn das Gericht hat einen Beurteilungsspielraum.

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