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Die Eskalationspolitik wird die USA selber schaden.

A. Gute Außenpolitik als Grundlage für Handels- und Wirtschaftsentwicklung

1. Während sich Deutschland in den letzten Jahrzehnten mit seiner Moralpolitik und Eskalationsrhetorik über andere Länder erhob und sich sukzessive unbeliebt machte, verfolgen die USA mit ihrer aktuellen Big-Deal-Politik eine ebenso fragwürdige Strategie.

2. Zwar ist es richtig, dass eine gute Außenpolitik Handel ermöglicht und somit Wirtschaftswachstum fördert. Ebenso richtig ist jedoch, dass schlechte Diplomatie den Handel und das Wirtschaftswachstum belasten wird.

Gerade wenn Staaten ihre Dominanz penetrant ausspielen, entwickeln betroffene Länder einen besonderen Ehrgeiz, sich dieser Dominanz zu entziehen. China und Russland sind deutliche Beispiele. Nicht nur die Sanktionspolitik führte dazu, dass sie neue Stärken entwickelten, – auch unabhängig von Sanktionen entkoppelten sie sich von bestehenden Abhängigkeiten. Beispielshaft seien hier die Entwicklungen in der Elektro-, Fahrzeug-, Kriegs- oder Bauindustrie genannt. Die Joint-Ventures waren das Sprungbrett, um an essenzielles Wissen zu gelangen. In der Folge entstanden eigenständige Produktions- und Entwicklungsprozesse

B. Die US-Maxime „America First“

Der US-Präsident Trump stilisiert die USA als Opfer ihrer Nachbarn und verbündeten Staaten. Seine Antwort lautet „America First“. Damit meint er jedoch nicht die Abkehr von globalen Militäraktiviten, sondern vielmehr eine neue Form des Imperialismus. Freunde und Nachbarn stehen vor der Wahl: Sie können seinen Forderungen nachgeben – oder er setzt sie mit Zoll- und Militärpolitik durch.

D. Die USA können sich diese Maxime nicht leisten.

I. Die USA sind nicht Opfer befreundeter Staaten

Eine zentrale Aussage Trumps lautet, dass die USA als Weltmacht die Kosten ihrer Armee alleine tragen würden. Damit suggeriert er, die US-Armee verfolge einen gemeinnützigen Zweck – was natürlich nicht der Fall ist.

Darüber hinaus behauptet Trump, die USA würden unter den Exporten anderer Länder leiden. Tatsächlich verzeichnen die USA ein jährliches Außenhandelsdefizit in Billionenhöhe. Seit Jahrzehnten importieren sie mehr Waren und Dienstleistungen, als sie exportieren – oft ohne direkte Gegenleistung. Jährlich beziehen sie Güter im Wert von über einer Billion Euro auf Kredit, ohne diesen zurückzuzahlen. Bislang war dies unproblematisch, da die Zinsen niedrig waren. Solange der US-Dollar als Welt- und Leitwährung fungiert, bleibt die Nachfrage nach ihm aufgrund des zunehmenden Welthandels stabil und sinkt nicht in gefährlichem Maße.

Die US-Armee hat primär den Auftrag, amerikanische Interessen weltweit durchzusetzen – dazu gehört auch die Absicherung des US-Dollars als Welt- und Leitwährung. Die militärischen Aktivitäten der USA im Nahen Osten sind maßgeblich darauf ausgerichtet, diesen Status zu erhalten. Die Auseinandersetzungen mit dem Irak, Syrien und Iran sind und waren unter anderem dadurch motiviert, dass diese Staaten eine Abkehr vom Rohstoffhandel in US-Dollar anstrebten oder anstreben.

II. Die USA verlieren ihren Status als globale Militärmacht

Die USA geben jährlich rund eine Billion Euro für ihr Militär aus, während China und die EU-Staaten jeweils etwa 230 Milliarden Euro und Russland rund 126 Milliarden Euro aufwenden. Trotz dieser enormen Ausgaben sind die militärischen Erfolge insgesamt bescheiden. Wie zuvor schon Russland und Großbritannien mussten die USA eine Niederlage in Afghanistan hinnehmen. Ebenso haben weder die USA noch Russland die Lage im Nahen Osten unter Kontrolle.

Auch der Ukraine-Krieg bleibt unentschieden, und es ist unwahrscheinlich, dass eine der beiden Seiten ihre Kriegsziele vollständig erreichen wird. Kriege und eine globale militärische Präsenz sind schlicht zu teuer und zugleich wenig erfolgreich.

Die Konflikte in Afghanistan, Syrien, Iran und der Ukraine sollten den globalen Großmächten eine Warnung sein: Die Welt gehört ihnen nicht.

III. Der US-Dollar verliert an Bedeutung

Das Verhalten von Trump dürfte auch darauf beruhen, dass die US-Amerikaner den Bedeutungsverlust des Dollars fürchten.

Das US-Außenhandelsdefizit war noch nie so hoch wie heute. Gleichzeitig müssen die USA inzwischen vergleichsweise hohe Zinsen zahlen.

Der schwindende Einfluss militärischer Einsätzen nimmt vielen Ländern die Furcht, den internationalen Handel mit anderen Währungen als dem Dollar zu führen. Insbesondere China bezahlt seine Importe zunehmend in der eigenen Währung und begleitet diese Handels- und Währungspolitik mit einer starken militärischen Aufrüstung. Aber auch die BRICS-Staaten haben sich zum Ziel gesetzt, den Rohstoffhandel vom Dollar zu entkoppeln. Ob es zur Einführung einer eigenen Währung kommen wird, bleibt jedoch unklar.

IV. Die USA verlieren ihre technologische Dominanz

Die vergangenen Jahrzehnte waren von technologischer Vorherrschaft der USA geprägt. Doch Europa, Japan, Korea, China und Indien holen zunehmend auf. Heute ist es nicht mehr notwendig, Windows, MS Office, Oracle, IBM, AMD oder Intel zu nutzen, um einen Betrieb aufrechtzuerhalten. Auch im Bereich Suchmaschinen und Künstlicher Intelligenz entstehen ernstzunehmende Alternativen zu amerikanischen Anbietern.

V. Trump vertreibt mit seiner Politik Nachbarn und Freunde

Schon der kaum noch kaschierte Neo-Imperalismus in der Vergangenheit hat Keile zwischen den USA und ihren Verbündeten getrieben. Die erzwungene Teilnahme am Irak- oder Afghanistan-Krieg, die primär US-amerikanischen Interessen diente, hat die Beziehungen nicht verbessert. Noch gravierender war die Unfähigkeit, politische Stabilität zu schaffen. Der desaströse Abzug aus Afghanistan markierte den Tiefpunkt dieser Politik.

Auch der aktuelle Ukraine-Krieg hat die Beziehungen nicht gestärkt Die USA stehen weiterhin im Verdacht, die Northstream-Pipelines gesprengt zu haben. Zudem gibt es Spekulationen, dass Joe Biden eigene Interessen an dem Krieg verfolgte. Darüber hinaus entsteht der Eindruck, dass die USA gezielt darauf hinarbeiten, Russland von Europa zu trennen.

Mit seiner neuen, rücksichtslosen Poltiik gegenüber Europa und seinen Nachbarländern schlägt Trump ein neues Kapitel auf. Seine Außenpolitik ist ausschließlich auf schnelle Profiten ausgerichtet, während die bisherige Bündnispolitik für ihn bestenfalls eine nachrangige Rolle spielt.

VI. Die USA werden einen hohen Preis zahlen

1. Zuerst werden die ehemals Verbündeten Schaden erleiden.

Möglicherweise verlieren sie Grönland, und wichtige Absatzmärkte brechen ein. Die sehr hohen Militärkosten werden zulasten des allgemeinen Wohlstands gehen. Zudem wird die Entwicklung eigener Innovationen und Infrastrukturen mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden sein.

2. Die USA schaden sich dauerhaft selbst.

Die USA sind hinsichtlich der Akzeptanz des Dollars als Leitwährung auf ihre Verbündeten angewiesen. Auch ihre eigenen Produktionen beruhen darauf, dass diese im Ausland abgesetzt werden. Gerade Mega-Konzerne wie Apple, Microsoft, Meta, Alphabet und andere sind auf Absatzmärkte außerhalb der USA angewiesen – zumal die USA auf diese Anbieter auch ihre Nachrichtendienste aufbauen. Mit der Entkoppelung Europas von den USA wird den globalen US-Konzernen der Absatz erheblich entgehen, und Europa wird wenig Anreiz haben, Rohstoffe in Dollar zu bezahlen.

Zudem wird – nach bisherigen Prognosen – der Anteil von Europa und den USA an der globalen Wirtschaftsleistung in den nächsten Jahren voraussichtlich auf etwa 13 bzw. 15 Prozent sinken, während der Anteil Chinas bereits heute bei rund 19 Prozent liegt. Sämtliche G7-Staaten besitzen gemeinsam lediglich etwa 29 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, wohingegen die G20-Staaten – also Industrie- und Schwellenländer – zusammen rund 85 Prozent ausmachen. Die BRICS-Staaten erreichen etwa einen Anteil von 36 Prozent, wobei Russland selbst nur rund 3,9 Prozent und Deutschland etwa 7 Prozent beisteuert.

3. Die Entwicklungsprognosen haben die Politik Trumps nicht eingepreist.

Die USA werden mit der Politik Trumps weitaus mehr Wirtschaftskraft verlieren als prognostiziert.

Mit der Politik Trumps werden die USA weitaus mehr an Wirtschaftskraft verlieren als bislang prognostiziert. Ein erheblicher Teil ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit basiert auf der Militärindustrie und digitalen Dienstleistungen. Der eingeschlagene Kollisionskurs sowie der Vertrauensbruch gegenüber Europa werden der US-Militärindustrie Aufträge kosten. Militärgüter sind – gerade im Hinblick auf Einsätze und Wartung – stark von den verlässlichen Dienstleistungen der Hersteller abhängig. Die rücksichtslose Maxime „America First“ steht dieser Anforderung entgegen. Dies gilt ebenso für die digitale Infrastruktur und die zugehörigen Dienstleistungen, die aus den USA exportiert werden. Europa wird in diesem Zusammenhang parallel existierende Infrastrukturen ausbauen bzw. neu schaffen.

Zwar können die USA hohe Zölle verhängen, doch werden sie selbst mit ebenso hohen Zöllen konfrontiert sein. Einerseits werden Handelskriege ausbrechen, andererseits entstehen neue Freihandelszonen ohne die USA. Der Dollar wird seine Stellung als Leitwährung deutlich schneller verlieren, als bisher vermutet – letztlich werden die USA mehr verlieren als gewinnen.

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